Es ist mal wieder Zeit für eine Wanderung. Kurz vor dem Ende der Wandersaison zieht es mich und drei Freunde für sechs Tage noch einmal in den Norden Schwedens. Wir starten in Stockholm und nehmen den Nachtzug in Richtung Norden. Wir haben zu viert unser eigenes Sechserabteil, was die Zugfahrt deutlich angenehmer macht. Um 7 Uhr erreichen wir Murjek. Hier gibt es nicht viel außer dem Bahnhof, der aus nur einem Gleis, direkt daneben einer Boulebahn (warum auch immer), einem kleinen Warteraum und einem Kiosk besteht. Das Kiosk hat allerdings heute am Samstag geschlossen und macht erst am Montag um 11 Uhr wieder auf. Wir sind zum Glück vorbereitet und schlagen unser Lager an einem Picknicktisch neben dem Parkplatz auf in einem Feld von Beeren auf. Es gibt erst einmal Kaffee und Frühstück mit frisch gepflückten Heidel- und Preiselbeeren.
Zwei Stunden später geht unser Bus über Jokkmokk nach Kvikkjokk. Nach drei Stunden Busfahrt durch die herbstliche arktische Landschaft erreichen wir den Startpunkt unserer Wanderung: Kvikkjokk Fjällstation. Bevor es losgeht ist jedoch erst einmal Zeit fürs Mittagessen am Flussufer.
Dann kann es losgehen. Die nächsten sechs Tage wird uns der Kungsleden nach Norden führen. Der erste Tag geht größtenteils durch einen Mischwald. Immer mal wieder öffnet sich der Wald und wir kommen an Lichtungen und Seen vorbei. Die Aussicht gibt uns einen ersten Vorgeschmack auf die Natur, die uns die nächsten Tage erwarten wird. Da wir erst am Nachmittag gestartet sind, haben wir ein stattliches Pensum vor uns und vor allem die letzten 5km unserer 16km Etappe ziehen sich etwas. Wir sind froh als wir kurz vor Sonnenuntergang die Pårte-Hütte erreichen. Auf einer Halbinsel in einem kleinen See gelegen, ist die Hütte umrundet vom tiefherbstlichen Birkenwald. Das bedeutet allerdings auch, dass es nicht sonderlich viele Zeltplätze gibt. Die meisten Plätze sind auch schon belegt und wir finden gerade noch so zwei Spots für unsere Zelte. Bevor die Sonne komplett untergegangen ist, springe ich noch für eine kurze Abkühlung in den See. Das Wasser ist kalt aber das Frischegefühl nach einem Bad am Ende eines langen Wandertages ist unschlagbar.
Der nächste Tag beginnt etwas windig und regnerisch, doch sobald wir unsere Sachen zusammengepackt und unsere Rucksäcke geschultert haben, kommt die Sonne raus und lässt sich auch nicht mehr vertreiben. Die ersten 3km führen und weiter durch den Wald. Dann geht es recht steil nach oben, bis wir die Baumgrenze erreichen und auf einem Plateau weitergehen. Unter uns erstreckt sich ein Meer aus Gelb und vor uns im Tal glitzert ein See.
Wir finden einen schönen Platz fürs Mittagessen und steigen am Nachmittag auf der anderen Seite wieder ab ins Tal. Das letzte Stück geht es wieder durch einen Wald bevor wir das Südufer des Laitaure erreichen. Auf der anderen Seeseite können wir schon den Berg Skierffe sehen, das geplante Highlight unserer Tour. Die Felswand schimmert im roten Abendlicht. Doch um dorthin zu kommen müssen wir den See überqueren. Das steht für den nächsten Tag an. Also schlagen wir am Ufer des Sees unser Lager für die Nacht auf und treffen einige Wanderer wieder, die wir schon am Vortag getroffen haben.
Durch die Nähe zum See, die feuchte Luft und den wolkenlosen Himmel wird es ziemlich kalt sobald die Sonne weg ist also machen wir ein kleines Lagerfeuer. Und wie wir so ums Feuer sitzen und unser Trekking-Essen löffeln, schaut ein kleiner Fuchs vorbei und beäugt, ob nicht etwas von unserem Essen für ihn abfällt.
Als wir am nächsten Morgen aufwachen, liegt eine dünne Schicht Frost über den Zelten. Doch mit der aufgehenden Sonne wird es schnell wärmer. Heute wollen wir den Laitaure überqueren. Dafür gibt es zwei Möglichkeiten. Wir können die 4km mit einem Ruderboot, die die Kommune für Wanderer des Kungsleden bereitstellt, selbst paddeln. Das einzige Manko: Es gibt insgesamt drei Ruderboote und nach der Überquerung muss sichergestellt werden, dass auf beiden Uferseiten jeweils mindestens ein Boot liegt. Im Idealfall kommt man also an den See, hat zwei Ruderboote vor sich liegen, paddelt mit einem auf die andere Seite und kann direkt mit der Wanderung fortsetzen. Falls auf der Ausgangsseite jedoch nur ein Boot liegt, muss man auf die andere Seite paddeln, mit einem zweiten Boot im Schlepptau wieder zurückpaddeln, um dann erneut auf die andere Seite überzusetzen. Heißt also im Klartext 12 km paddeln.
Als wir an den See kommen, liegt dort nur ein Boot. Noch dazu passen in ein Boot nur drei Leute, also hätten wir zu viert eh mindestens zwei Boote gebraucht. Das ist uns zu viel Ruderei. Also entscheiden wir uns für Option 2: Transfer per Motorboot.
Der Wart der Aktse-Hütte, zusammen mit einer lokalen Sami-Familie, bietet zwei mal täglich eine Überfahrt mit dem Motorboot an. Um 9:15 Uhr und um 17:15 Uhr. Dafür muss eine viertel Stunde vorher eine Fahne am Steg gehisst werden, um zu signalisieren, dass eine Überfahrt gewünscht ist. Also hissen wir pünktlich um 9 die Flagge und warten auf das leise Surren des Motors, das langsam näher kommt. Gezahlt wird in bar (wohl der einzige Ort in Schweden an dem nur Barzahlung möglich ist) und dann fahren wir los. Vom Wasser aus haben wir eine unglaubliche Aussicht auf Skierffe und das Rapa-Tal, das Herz des Sarek-Nationalparks.
Nach 10 Minuten Überfahrt kommer wir an der anderen Uferseite an und erreichen nach etwa einem Kilometer die Aktse-Hütte. Hier machen wir erst einmal Pause und füllen unsere Vorräte auf. Der kleine Laden hat Saisonschlussverkauf und so ergattern wir noch einige Tütensuppen und Knäckebrot und bekommen Rabatt für die Schokolade. Das lassen wir uns nicht zweimal sagen. Frisch gestärkt sind wir bereit für den Aufstieg.