Ausflüge in der Atacama-Wüste

Chile | 7. April 2025

Nachdem ich in meinem Hostel eingecheckt habe, gehe ich auf einen ersten Stadtbummel. San Pedro besteht überwiegend aus Unterkünften, Restaurants, Souvenirläden und Touranbietern und ist sehr touristisch, hat aber auch seinen Charme und sieht mit den vielen Lehmhäusern noch recht traditionell aus. Wir befinden uns bereits auf über 2400m über dem Meeresspiegel, die Anden um uns herum erheben sich auf über 5000m. Nicht weit entfernt liegt das ALMA, das Atacama Large Millimeter Array, ein riesiges Radioteleskop-Observatorium. Aufgrund der Höhe, der klaren Luft, wenig Lichtverschmutzung und überwiegend wolkenfreier Bedingungen gilt die Atacamawüste als einer der besten Orte, um das Universum zu beobachten. Für die nächsten Tage habe ich auch noch eine Stargazing-Tour geplant, doch zunächst richte ich meinen Blick auf den salzhaltigen Boden.

San Pedro de Atacama.

Der Tag beginnt früh. Um 7:30 Uhr werde ich zu meiner Tour abgeholt. Wir fahren zur Baltinache-Lagune. Doch zuerst machen wir einen Stopp fürs Frühstück. An einem wunderschönen Aussichtspunkt baut unser Guide Francesco ein wundervolles Frühstücksbuffet auf. Von Avocado, Rührei, Toast, Obst, Saft und Kaffee. Alles ist da und die Aussicht auf das Moon Valley ist fantastisch. Nach der gemütlichen Stärkung fahren wir weiter. Am Gate müssen wir noch auf die Ranger warten. Nach und nach rollen mehr Vans an. Dann kommen die Ranger. Nun warten alle, die gerade noch vor dem Gate gewartet haben, am Schalter, um ihre Eintrittskarten zu bezahlen. Zum Glück ist unsere Gruppe als Zweite dran, denn das System ist nicht das schnellste. Allerdings, man beachte, nur Kartenzahlung möglich!

Wir bekommen Bademäntel und laufen über einen Holzplankenweg zur Lagune. So weit das Auge reicht ist der Boden von Salz bedeckt und hält Sand und Geröll in groben Blöcken zusammen. Dann tut sich auf einmal die Lagune vor uns auf. Das Wasser schimmert türkisblau und wir können die mit Salz bedeckten Wände im klaren Wasser erkennen. Die Lagune wird unterirdisch gespeist und ist wie alles hier sehr salzig. Das Schwimmen erinnert etwas ans Tote Meer, denn man treibt eher, anstatt zu schwimmen. Es ist eine lustige Erfahrung, lässt mich aber auch etwas nachdenklich zurück. Die Lagune wurde erst vor drei Wochen wieder fürs Baden geöffnet. Davor war das Betreten der Lagune für über ein Jahr verboten, um dem Wasser die Möglichkeit zu geben, sich zu regenerieren. Denn mit jedem Badegang bleiben Hautpartikel, Schmutz, Sonnencreme und Schweiß im Wasser zurück und machen es milchig. Wir kommen später noch an einer anderen Lagune vorbei, die nicht zum Baden freigegeben ist, und die ist wirklich unglaublich klar. Im Vergleich dazu ist „unsere“ Lagune bereits nach drei Wochen deutlich verschmutzt. Ich will mir nicht vorstellen, wie das nach mehreren Monaten aussieht. Doch um weiterhin Touristen anzuziehen, möchte man aufs Baden nicht komplett verzichten und nun sind zwei Lagunen jeweils im Wechsel geöffnet. Heutzutage tun sich jedoch auch ganz neue Schwierigkeiten auf. Das Land, auf dem die Lagunen liegen, gehört zwei indigenen Familien. Sie machen die Lagunen für Touristen zugänglich. Doch mittlerweile hat man Lithium im Boden entdeckt und der Verkauf an die Minenfirma wäre ein lukratives Geschäft. Francisco befürchtet, dass es die Lagunen bald gar nicht mehr gibt. So nimmt der Kapitalismus auch in der weit entlegenen Atacamawüste seinen Lauf.

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Am Nachmittag bleibt noch etwas Zeit zum Ausruhen im Hostel. Dann geht schon die nächste Tour los: Um halb vier werde ich abgeholt und wir fahren zum Valle de la Luna. Das Mondtal gilt als eine der bekanntesten Sehenswürdigkeiten um San Pedro und liegt auch nur wenige Autominuten von der Stadt entfernt. Die schroffe und trockene Landschaft erinnerte den Entdecker an den Mond und er nannte die Gegend daher kurzerhand Mondtal. Eigentlich müsste es jedoch eher Marstal heißen, denn mit dem roten Sandstein ähnelt das Tal doch eher unserem roten Nachbarplaneten. Sogar so stark, dass die NASA ihre Mars-Rover genau hier, im Valle de la Luna, testet. Wir fahren zur Salzformation der Tres Marias, besuchen ein altes Haus der Minenarbeiter, die hier Salz abgebaut haben, und wandern anschließend auf die große Düne, von der man einen wunderbaren Ausblick auf die Umgebung hat. Zum Sonnenuntergang fahren wir zu einem Aussichtspunkt oberhalb des Tals und können auf die zerklüfteten Felsformationen herabschauen. Ein sehr gelungener erster Tag in der Atacamawüste.

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Auch der nächste Tag beginnt früh. Um 6:30 Uhr startet die heutige Tour mit Sarah. Zunächst fahren wir zur Chaxa-Lagune. Wir sind früh dran und haben noch Zeit für ein Frühstück mit Blick auf die Lagune und die Anden hinter uns, bevor die Ranger kommen und das Tor öffnen. Wir spazieren umher und beobachten die Flamingos, die die Lagune ihr Zuhause nennen. Sarah erklärt uns viel über die hier vorkommenden Arten und die Verhaltensweisen. Dann fahren wir weiter, erst über Schotter, dann wieder auf einer Asphaltstraße. Doch es dauert nicht lange und wir werden ausgebremst. Wir haben einen Platten. Kein Problem, unser Fahrer kennt sich aus und beginnt sofort, den Reifen zu wechseln. Doch leider funktioniert unser Wagenheber nicht. Wir können ein anderes Fahrzeug anhalten und uns ihren Wagenheber ausleihen. Mit neuem Reifen geht es dann weiter. Im Dorf Socaire machen wir kurz Pause. Socaire liegt bereits auf über 3300m Höhe und das Atmen fällt schon deutlich schwerer. Doch heute geht es noch höher hinaus. Wir steuern die Piedras Rojas an, die roten Steine, auf 4200 m über dem Meeresspiegel. Nicht weit entfernt ist die Grenze zu Argentinien. Wir gehen ein paar Hundert Meter zum Aussichtspunkt und überblicken die Lagune, das rote Vulkangestein und die Vulkane Aguas Calientes und Lascar. Nicht nur die wunderschöne Landschaft lässt uns atemlos zurück. Auch der kurze Aufstieg zurück zum Auto hat es in sich. Ruhig und bewusst atmen, rät Sarah. Noch kurz bleiben wir auf dieser Höhe. Wir wollen weiter zu den Lagunen Miñiques und Miscanti. Völlig ungestört liegen die Seen vor uns. Die Größe ist auch wegen fehlender Referenzmerkmale – denn weder Bäume noch menschliche Strukturen gibt es hier oben – kaum einzuschätzen. Am Ufer grasen ein paar Vicuñas, sonst ist es fast unheimlich still.

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Zum Mittagessen fahren wir zurück nach Socaire. Es gibt Gemüseeintopf – genau das Richtige für diesen Tag. Dann steht die Rückfahrt an. Wir halten noch am Tropic of Capricorn, dem südlichen Wendekreis, dann ist die Tour auch schon wieder vorbei.

Am Abend gehe ich noch zum Musikfestival, das heute und morgen in San Pedro stattfindet. Verschiedene Gruppen aus der Umgebung (wo auch immer die herkommen, denn viel „Umgebung“ gibt es hier nicht) treten auf und geben traditionelle Lieder zum Besten. Viel Panflöte ist dabei und man merkt – gerade im Vergleich zum südlichen Chile – deutlich die Einflüsse der zentralandischen Kultur.

Musikfestival in San Pedro.

Es folgt ein weiterer Tag mit Ausflügen um San Pedro. Und auch wenn ich für die letzten Tage schon geschrieben habe, dass es früh losging, so geht es heute doch erst richtig früh los, um 5:30 Uhr. Es ist noch dunkel und die einstündige Fahrt zu den Tatis-Geysiren nutzen einige, um noch etwas Schlaf nachzuholen. Mit dem ersten Licht kommen wir bei den Geysiren an. Wir machen einen kurzen Stopp am Besucherzentrum. Schon hier merke ich, wie kalt es auf den knapp 4300m ist. Dann fahren wir noch einige Meter weiter zum Parkplatz. Ich ziehe alle Schichten an, die ich dabei habe, und friere trotzdem. Vielleicht geben die Geysire ja etwas Wärme ab. Wir folgen unserem Guide durch das Geysirfeld. Im Grunde kann man sich auf der offenen Fläche frei bewegen, einen offiziellen Weg gibt es nicht. Doch sollte man außerordentlich genau auf Steinmarkierungen achten, die aktive Geysire kennzeichnen und die Umrandung des Felds markieren. Man sollte die Steingrenzen auf keinen Fall überqueren, denn überall brodelt, zischt und dampft es aus der Erde. Mal sprudelt das Wasser aus dem Erdinneren heraus, manchmal hören wir es nur tief unter der Erde köcheln. Einige hundert Meter unter uns liegt eine Magmakammer, die das Wasser erhitzt und zum Aufsteigen bringt. Auch der Boden ist warm und so werden wenigstens die Füße nicht kalt. Wir haben nicht allzu viel Zeit bei den Geysiren, doch der Erde beim „Werken“ zuzusehen, ist wirklich spannend.

Auf dem Rückweg halten wir noch im kleinen, traditionellen Dorf Machuca. Ich mache einen Spaziergang zur Kirche auf dem nahegelegenen Hügel und laufe durch die Hauptgasse. Es wirkt etwas leer, doch auch sehr gut im Schuss. Auch einen nigelnagelneuen Sportplatz gibt es. Das Geld, das die Touristen hier lassen, wird anscheinend gut investiert.

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Den Nachmittag habe ich frei und bummle durch San Pedro, gehe ein Eis essen und kaufe Souvenirs. Um kurz vor neun beginnt dann meine letzte Tour: die besagte Stargazing-Tour. Wir fahren eine halbe Stunde raus aus San Pedro und irgendwo mitten im Nichts erwartet uns die Astronomin Nadia mit ihren drei Teleskopen. Um uns rum ist nichts zu sehen, keine Lichter, keine Lichtverschmutzung. Über uns glänzt der Sternenhimmel. Nur der Halbmond trübt das Stargazing etwas, denn er bringt überraschend viel Licht ins Dunkel. Nachdem sich unsere Augen an die Dunkelheit gewöhnt haben, reicht das Licht des Mondes sogar aus, um die nähere Umgebung zu erhellen, und meine mitgebrachte Taschenlampe muss ich gar nicht erst auspacken. Das bedeutet allerdings auch, dass die Sterne nicht allzu gut zu sehen sind. Doch auch wenn ich schon einen besseren Sternenhimmel gesehen habe, sind die Erklärungen zur Entstehung des Universums, zu verschiedenen Sternenkonstellationen und zum Leben von Sternen schon sehr interessant. Auch der Blick durch die Teleskope ist atemberaubend. Immer wieder gleiche ich mit bloßem Auge ab, worauf ich da eigentlich schaue, denn Mond, Nebulas und Sterne durchs Teleskop zu sehen, ist einfach umwerfend. Zum Abschluss gibt es dann noch ein kleines Snackbuffet, auch wenn die meisten den Pisco lieber gegen eine heiße Schokolade eintauschen.

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Am nächsten Tag ist es dann schon an der Zeit, San Pedro wieder zu verlassen. Im Supermarkt decke ich mich mit Proviant für die weite Reise ein, denn auch für den Rückweg nach Santiago will ich den Bus nehmen. Ich muss wieder über Calama fahren, den Nachtbus von dort habe ich schon gebucht. Den Bus nach Calama konnte ich online nicht buchen, also gehe ich einfach etwas früher los, um meine Fahrkarte am Busbahnhof zu kaufen. Als ich dort ankomme, ist es schon ziemlich voll. Ich gehe zum Schalter und will meine Fahrkarte für den 13-Uhr-Bus kaufen, doch die Dame sagt mir, der Bus sei ausgebucht, ich könne den nächsten Bus nehmen. Ich will ihr nicht so ganz glauben, noch dazu passt das gar nicht in meinen Zeitplan, denn dann hätte ich nur noch 10 Minuten, um in Calama zum anderen Busterminal zu laufen und meinen Nachtbus zu bekommen. Und nach dem Chaos beim letzten Mal Umsteigen in Calama will ich das nicht riskieren. Also gehe ich ohne Fahrkarte vom Schalter weg und denke mir, dass es doch auch anders gehen muss. Immerhin ist das hier Südamerika.

Als der Bus einfährt, stelle ich mich mit allen anderen, die eine Fahrkarte haben, in die Schlange. In meinem gebrochenen Spanisch erkläre ich dem Busfahrer, dass ich keine Fahrkarte habe, aber gerne bei ihm eine kaufen möchte. Er sagt, ich solle mich zur Seite stellen und warten, aber das sollte kein Problem sein. Immer mehr Leute steigen ein, es kommen noch zwei weitere Fahrgäste ohne Ticket und ich muss meinen Platz etwas behaupten. Doch schließlich gibt uns der Busfahrer das Signal: Es sind noch Plätze frei (genau drei) und wir dürfen mitfahren. Die junge Frau, die ebenfalls gewartet hat, und ich setzen uns auf zwei freie Plätze nebeneinander. Der Busfahrer kommt und kassiert ab, fairerweise den gleichen Preis, den wir auch am Schalter bezahlt hätten. Problem gelöst, denke ich mir.

Doch es dauert keine 10 Minuten, da ist der Bus gerade aus San Pedro raus, als er am Straßenrand anhält und zwei Damen aufpickt. Sie steuern direkt auf uns zu und deuten an, dass ihnen die beiden Plätze gehören. Die Frau neben mir steht auf und geht nach vorne. Ich sehe, dass im hinteren Teil ein Mann ausgestiegen ist, und nehme diesen Platz ein. Ich hoffe die ganze Fahrt, dass niemand mehr kommt. Und so ist es dann auch.

In Calama wechsle ich den Busbahnhof und habe dann noch etwas Wartezeit. In der Nähe finde ich ein nettes kleines Café; dort sitzen bereits zwei andere wartende Reisende. Hier lässt es sich besser aushalten als am Busbahnhof. Der Kuchen war dann aber wohl doch nicht die beste Idee und mein Magen beginnt zu revoltiertieren, kurz nachdem ich im Bus sitze. Dementsprechend anstrengend wird die 22-Stunden-Fahrt dann auch. Doch schließlich erreiche ich Santiago. Ich bin im gleichen Hostel wie schon bei meinem ersten Besuch. Meinen letzten Abend in Chile lasse ich gemütlich ausklingen und gehe auf einen Stadtbummel durch Lastarria.

Am nächsten Tag trete ich die Heimreise an und beende so wundervolle vier Wochen in Chile. Die Zeit in Patagonien mit atemberaubender Natur war, wie erwartet, fantastisch. Doch auch die Städte in Chile haben mir gefallen, und Gletscher und Wüste im gleichen Land zu sehen (wohlgemerkt mit über 3000km Entfernung, die ich größtenteils mit dem Bus überbrückt habe), bleibt eine einmalige Erinnerung. Viel Zeit, in Erinnerungen zu schwelgen, bleibt allerdings nicht, denn bald geht es schon wieder los. Doch dazu bald mehr.

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